Maren Heyne: Selbstportrait im Atelier von Piero Graziani, Paris 1966

Maren Heyne wurde 1941 in München geboren und studierte 1961-1963 an der dortigen Technischen Universität Architektur, entschied sich aber dann für die Fotografie. Durch ihren Vater Herbert Heyne, der inzwischen dorthin als Stadtbaudirektor berufen war, kam sie nach Düsseldorf. Dort lernte sie bei einem Besuch in Kaiserswerth den Bildhauer Friederich Werthmann kennen und heiratete ihn 1963.

Werthmann war in der Düsseldorfer Kunstszene seit der Gründung der „Gruppe 53“ fest verankert und gehörte bereits zu den angesehenen und überregional wirkenden Künstlern der Stadt. Sein Haus und seine Werkstatt waren häufiger Treffpunkt für Künstler und Kunstinteressierte, er stand in regem Austausch mit seinen Kollegen. Zudem gab es durch Werthmanns zahlreiche Ausstellungen Kontakte und Austausch im ganzen westlichen Europa.

Die Fotografin Maren Heyne war also von Anfang an im Kunstleben beheimatet, daher war es nur folgerichtig, das Künstlerporträt und das Künstlerleben zum fotografischen Thema zu machen. Allerdings greift die Fotografin nicht aus dem Stehgreif bei Künstlerbesuchen oder bei Feiern und Festen zur Kamera, bei denen es sicher so manches „lohnende“ Motiv gegeben hätte. Solche Schnappschüsse sind jedoch nicht die Sache von Maren Heyne. Ihre Künstlerporträts und die Fotos aus Heim und Atelier sind verabredet, sie zeigen nicht einen beliebigen Moment aus dem Alltag der Porträtierten, sondern sie versuchen das Wesen des Menschen und seiner Kunst im Bild erkennbar zu machen.

Dies gilt ganz besonders für die Fotoreihe „Wie sie leben“ der Zeitschrift „Die Kunst und das schöne Heim“, die Juliane Roh (1909-1987) initiierte und die auch die Texte zu den Fotografien verfasste. Absicht war es einmal zu sehen und zu zeigen wie diejenigen die Kunst schaffen ihre eigene Wohn- und Arbeitswelt gestalten.

Maren Heyne reiste - z.T. begleitet durch Juliane Roh - zu den Künstlern und nahm die unterschiedlichsten Lebenswelten mit der Kamera auf. Auf diese Weise erschienen 1965/67 Fotoartikel über Hans Peter Alvermann, Peter Brüning, Karl Fred Dahmen, Vic Gentils, Piero Graziani, Herbert Kaufmann, Otto Piene, Patrick Scott und Günther Uecker.
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Ein anderer Auftrag für Maren Heyne kam 1966 von Dieter Hülsmanns und Friedolin Reske (den späteren Verlegern der Eremiten Presse), die für einen Auftrag der Rheinischen Post Einzelporträts Düsseldorfer Künstler wünschten. So enstanden die Bildnisse von Winfred Gaul, K.O. Götz, Bruno Goller, Thomas Häfner, Hannelore Köhler, Teo Otto und Klaus Rinke.

Ab 1964 stellte Friederich Werthmann mehrfach in den Hamilton Galleries in London aus, die später umbenannt wurden in Annely Juda Fine Art. Durch ihre Vermittlung entstanden zahlreiche Kontakte zu englischen Künstlern, von denen Maren Heyne einige besuchen und porträtieren konnte. Neben den auf dem Kontinent weniger bekannten Künstlern wie Anthea Alley, Elisabeth Frink, Allan Green, Toni Underhill und Patrick Scott traf Maren Heyne Robert Adams, der mit seinem großen Betonrelief von 1959 am „Musiktheater im Revier“ in Gelsenkirchen bekannt geworden war. Der Architekt Werner Ruhnau hatte für den von ihm entworfenen Bau angesehene Künstler eingeladen, darunter u.a. auch Yves Klein.


Kenneth Armitage wäre am liebsten gar nicht fotografiert worden, er gab erst auf Drängen von Annely Juda nach. Schließlich war er bereit Maren Heyne zu empfangen und war dann doch sehr von der jungen Fotografin angetan. Das war auch ein charmanter Lynn Chadwick, der sie gerne empfing, zumal sie ohne Begleitung angereist war. Später bedankte er sich mit einer Postkarte für die von Maren Heyne übersandten Fotos. Francis Bacon ließ dagegen auf Anfrage kurz und knapp durch seine Galerie mitteilen, daß er nicht willens sei fotografiert zu werden.
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Die Künstlerfotos von Maren Heyne dokumentieren in ihren Überschneidungen den Zusammenhalt der rheinischen Kunstszene - u.a. in der „Gruppe 53“ - und den internationalen Ausstausch, der nicht nur von den Künstlern selbst gesucht wurde, sondern auch von Kunstkritikern und Galeristen. Zu nennen sind hier u.a. Pierre Restany, René Déroudille, Karl Ruhrberg, Manfred de la Motte, Annely Juda und vor allem Jean Pierre Wilhelm, der in der kurzen Zeit seiner Düsseldorfer Galerie 22 in Ausstellungen und Themenprojekten viele Künstler international und auch interdisziplinär zusammenführte, darunter Cy Twombly, Jean Fautrier, Robert Rauschenberg, Maurizio Kagel, Nam June Paik, Bernhard Minetti, Theodor Adorno.

Die meisten der in den 60ern fotografierten Künstler stehen in diesem engeren wie weiteren Zusammenhang, sie stehen für den Höhepunkt der jungen Kunst des Westens, die zur dominierenden Richtung des Nachkriegs-Deutschlands geworden war, und die den Übergang zu neuen Konzepten, Arbeitsformen und Medien bereiteten. Piene, Mack und Uecker propagierten folglich mit ZERO die Stunde Null, den Neuanfang. Maren Heynes Aufnahmen aus dem Atelier Otto Pienes gehören heute zu den am häufigsten publizierten Fotografien zu ZERO.